Geringverdiener-Förderung:
bAV-Experte erklärt die neue Regelung in der Betriebsrente
Die Geringverdiener-Förderung ist ein Kernpunkt des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG). Um Altersarmut vorzubeugen, fördert der Staat seit 2018 Arbeitgeber, wenn sie ihre Mitarbeiter bei der Betriebsrente unterstützen. Denn bislang war es so: Je geringer das Einkommen, desto geringer auch die Bereitschaft, in eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) einzuzahlen. Christof Maier von Allianz Pension Partners erläutert die neue Regelung.
Große Teile der Wirtschaft sind durch niedrige Löhne oder durch Teilzeitarbeit geprägt. Wer hier arbeitet, dem fällt es oftmals schwer, einen Teil des Gehalts in die betriebliche Altersvorsorge (bAV) zu stecken. Andererseits macht sich der Wettbewerb um Arbeitskräfte auch in diesen Sektoren bemerkbar. „Der Fachkräftemangel wird zum allgemeinen Kräftemangel“, sagt Christof Maier, Teamleiter Ost bei der Allianz Pension Partners GmbH, voraus. Er sieht bei Arbeitgebern deshalb eine wachsende Bereitschaft, Mitarbeiter über die Förderung einer bAV an sich zu binden.
Der Gesetzgeber will die Verbreitung der Betriebsrente vor allem bei Geringverdienern stärken. Daher hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) für die neue Geringverdiener-Förderung rund 200 Millionen Euro jährlich vorgesehen. Damit könnten fast 1,5 Millionen Geringverdiener gefördert werden – eine ambitionierte Zahl.
Wer zählt zu den „Geringverdienern“?
Die neue Förderung soll Arbeitgebern zugutekommen, wenn sie sogenannten Geringverdienern einen Arbeitgeberbeitrag für eine Betriebsrente zahlen. Zu dieser Gruppe zählen Personen mit einem Monatseinkommen (brutto) von bis zu 2.200 Euro. „Das gilt ausdrücklich auch für Auszubildende“, sagt Maier, „für sie ist es eine hervorragende Möglichkeit, bereits früh fürs Alter zu sparen. Und als Arbeitgeber bindet man junge Talente ans Unternehmen.“
Wie hoch ist die Förderung für den Arbeitgeber?
Unter die staatliche Förderung fallen Arbeitgeberbeiträge in eine bAV von mindestens 240 Euro bis max. 480 Euro pro Kalenderjahr. Die Förderung besteht darin, dass 30 Prozent des Arbeitgeberbeitrags mit der abzuführenden Lohnsteuer verrechnet werden.
Arbeitgeber haben bereits die Befürchtung, dass die Erstattung recht aufwändig ist. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Erstattung über die Verrechnung der Lohnsteuervorauszahlung recht unkompliziert erfolgt. Das bedeutet, dass mit der Erstattung bereits nach 14 Tagen bis längsten sechs Wochen zu rechnen sei.
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Beispielrechnung für die Geringverdiener-Förderung
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Kein Geringverdiender |
Geringverdiender |
|
AG Beitrag |
480,00 EUR |
480,00 EUR |
Förderbetrag: 30% vom AG Beitrag |
0,00 EUR |
144,00 EUR |
Steuerersparnis im Unternehmen 30%1 |
144,00 EUR |
100,80 EUR |
Aufwand im Unternehmen |
336,00 EUR |
235,20 EUR |
Aufwandsquote |
70% |
49% |
Haben Arbeitnehmer ein Recht auf den Arbeitgeberbeitrag?
Die neue Geringverdiener-Regelung ist eine „Kann-Bestimmung“. Das bedeutet: Der Arbeitgeber kann frei darüber entscheiden, ob er einen solchen Arbeitgeberbeitrag für die Betriebsrente zahlt oder nicht. Davon unberührt haben Arbeitnehmer natürlich das Recht, via Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen.
Was passiert, wenn sich der Arbeitslohn ändert?
Sollte der Arbeitnehmer aufgrund einer Lohnerhöhung mehr verdienen als die 2.200 Euro Monatsentgelt, verliert der Arbeitgeber seinen Anspruch auf die Förderung durch den Fiskus.
Sollte das höhere Einkommen knapp über der Grenze liegen, besteht natürlich die Möglichkeit, durch eine Entgeltumwandlung den Lohn wieder zu reduzieren. „Unsere Erfahrung zeigt aber, dass in diesem Einkommensgefüge die Entgeltumwandlung eher nicht gewünscht wird“, sagt Maier, „somit wird die Förderung eher als ein reiner Arbeitgeberbeitrag zu sehen sein.“
Welche Erfolgschancen hat die Geringverdiener-Förderung – auch bei Firmen ohne Tarifvertrag?
Die Regelung der Geringverdiener-Förderung gilt für alle Unternehmen, ganz gleich, ob sie tarifgebunden sind oder nicht. Typische Niedriglohnsektoren wie Gastronomie oder Reinigung sind oftmals nicht tarifgebunden, hier wird meist weniger verdient als in tarifgebundene Unternehmen. Gerade hier sollte der Arbeitgeberbeitrag für die bAV ein Anreiz sein, gute Mitarbeiter zu finden und zu halten.
Lässt sich die Geringverdiener-Förderung mit dem zukünftigen Arbeitgeber-Zuschuss kombinieren?
Zur Einordnung: Ab 2019 (für neu abgeschlossene Verträge) bzw. 2022 (für bestehende Verträge) müssen Arbeitgeber 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss weiterleiten, soweit sie durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einsparen. Lässt sich dieser Arbeitgeberzuschuss mit der Geringverdiener-Förderung kombinieren? „Nein, das sind zwei verschiedene Regelungen“, sagt bAV-Experte Maier.
Als Arbeitgeber könnte man auf die Idee kommen, die Weitergabe der 15 Prozent im Rahmen einer Entgeltumwandlung als „Förderung“ zu klassifizieren und sich dann davon 30 Prozent vom Fiskus erstatten zu lassen – doch eine solche Vorgehensweise ist rechtlich unzulässig, da sie dem Zweck des Gesetzes zuwiderläuft. „Diesen Fall hat das Bundesfinanzministerium explizit ausgeschlossen“, sagt Christof Maier.
Fazit: Neue Geringverdiener-Förderung benötigt individuelle Lösungen
Wie bestehende bAV-Vereinbarungen durch die neue Geringverdiener-Förderung beeinflusst werden und wie man diese optimal gestalten kann, darüber sollten sich Arbeitgeber beraten lassen. „Wir sehen uns immer die bestehenden Regelungen an und fragen detailliert nach der Strategie des Unternehmens“, sagt bAV-Experte Maier: Will es bestehende bAV-Zuschüsse mit künftigen Zuschüssen verrechnen und somit nur das Mindestmaß erfüllen? Oder will er sein soziales Engagement stärken und sich vom Markt abheben?
„Betriebliche Altersversorgung ist kein Produkt von der Stange“, sagt Maier. „Deshalb erarbeiten wir mit unseren Kunden individuelle Lösungen, die genau auf deren Bedürfnisse und Ziele abgestimmt sind. Mit der neuen Geringverdiener-Förderung können sich Firmen am Arbeitsmarkt positiv hervortun, besonders bei der Rekrutierung von Auszubildenden.“
Artikel vom 29.11.2017, aktualisiert 21.11.2018